Kohlefaser und Laminataufbau bei RG65: Mythen und Fakten
Verfasst: 04.07.2012, 20:07
Viele Vorurteile geistern durch die Modellwelt. Eins davon ist: Kohle ist besser!
Gerade neulich am Wasser präsentierte ein neuer RG Besitzer stolz sein Boot; wichtig war v.a.: ist aus Kohle!. Riss etc kamen erst an zweiter Stelle. So geht es vielen, Hauptsache CFK dann ist es High Tech und gut. Dabei ist das häufig Quatsch. Sinn macht Kohle nur wenn es auch seinen Eigenschaften entsprechend eingesetzt wird. Eine Frage im MaLi Thread diezu diesem text geführt hat war: würde nicht auch eine Lage 93er Kohle plus 2x25 Glas reichen? Macht doch sonst keinen Sinn weil man das gleiche Gewicht doch auch billiger mit Glas erreichen kann? Kurz gesagt ja so ist es, man kriegt das gleiche genauso gut mit Glas hin und es ist billiger!
Um das Ganze zu verstehen muss man einen kleinen Ausflug in die Welt der Laminate machen (Vorsicht: auch bei mir gefährliches Halbwissen, beruht zum Teil auf Erfahrung, zum größeren Teil ist es aber angelesen. Besonders die technischen Termini wie z.B. Festigkeit, Steifigkeit etc. benutze ich eindeutig nicht immer in ihrem genauen Sinn, meist benutze ich daher vereinfachend das einfachere wenn auch unexakte: Stabil).
1. Zug/Druckfestigkeit
Hier können wir ganz kurz verweilen. Ist eigentlich uninteressant. Laminate haben ihre Stärke immer in Faserrichtung. Hier sind wir bei RG65 sicher weit überdimensioniert. Ich wüsste von keiner RG die auf dem Wasser zerbrochen ist etc. Also aus reiner Festigkeit könnte man die Laminate sicher noch dünner machen, hier würde sicher auch die angesprochene 93er Kohle völlig ausreichen. Seine Vorteile kann Kohle v.a. dann ausspielen wenn eine hohe Zug/Druckfestigkeit gebraucht wird. Dann ist es auch sinnvoll einen hohen Anteil von Fasern zu haben und möglichst wenig Harz weil Harz kaum zur Stabilität beiträgt
2. Beulsteifigkeit
Das ist das eigentliche Problem. Beulsteifigkeit, der Rumpf wenn man ihn anfasst und etwas drückt. Leichte Rümpfe sind hier häufig „wabbelig“ lassen sich eindrücken und ploppen hin und her. In dieser Hinsicht sind die Rümpfe viel empfindliche als bei der Zug/Druckfestigkeit. Ist ja auch kein Wunder: s.o. es liegen ja praktische keine Fasern in Richtung der Kraft wenn der Druck von der Seite kommt.
Grenzwertige Rümpfe gibt es sicher die sich wabbelig anfühlen, auf dem Wasser aber ausreichend sind. Die Grenze ist aber überschritten wenn sich der Rumpf im Wasser verformt oder sogar hin und her ploppt. Dann ist ersten das Rumpfdesign hinfällig und zweitens wird’s auch gefährlich. Beim hin und her Ploppen entstehen nämlich Knicke und die mag das Laminat gar nicht.
Mehr Beulsteifigkeit gibt’s aber nur durch eine größere Schichtdicke. Dabei ist es für die Stabilität fast egal woraus das ganze besteht, Harz oder Fasern. Vom Gewicht her aber nicht, dazu muss man sich mal die Dichte der Materialien ansehen
Epoxydharz ca. 1.1 g/cm³
Aramid ca. 1,44 g/cm³
Kohle ca. 1,78 g/cm³
Glas ca. 2,55 g/cm³
Je geringer die Dichte umso dicker ist das ganze bei gleichem Gewicht. Im Sinne der Beulsteifigkeit wäre also ein hoher Harzanteil wieder gut, genau das was man z.B. beim Vacuumverfahren vermeiden will, hier wird ja möglichst viel Harz rausgezogen. Bei auf Zug belasteten Bauteilen macht so was auch Sinn, Beispiele bei uns wären z.B. Topausleger oder Schwert.
Genau das habe ich gerade praktisch erfahren und war auch der Grund das ich mal nachgeforscht habe: 2 Rümpfe aus 160er Gewebe habe ich im Vacuumverfahren gebaut. Beide sicher lässig fest genug aber ziemlich wabbelig. Das kenne ich so von den anderen Rümpfen die ich aus dem gleichen Gewebe „normal“ laminiert habe nicht, die waren Bocksteif. Also ganz klar, viel Harz abgesaugt und auch noch durch das Vacuum das Laminat richtig schön plattgedrückt ergibt ein sehr dünnes Bauteil. Passt also soweit zusammen.
Maßnahmen:
Was kann man also machen um das ganze wieder dicker zu kriegen? Wenn ich beim Vacuum bleiben will muss ich natürlich mehr Gewebe nehmen, das Harz wird ja nun mal wieder rausgesaugt. Egal ob bei Glas oder Kohle das Gewicht geht dann aber im Vergleich zu einem Laminat mit gleicher Schichtdicke, das Harzreich laminiert ist nach oben. Klar, es gibt auch Vorteile: das Gewebereiche Vacuumlaminat ist deutlich stabiler in Zug und Druckrichtung. Nur bei uns eben eigentlich gar nicht nötig. Schadet natürlich nicht aber ist eben teurer v.a. bei Anwendung von CFK.
Kleine Unterscheide im Endgewicht sind sicher da, letztlich erzielt man aber mit normalem Laminieren und Glasgewebe ähnlich gute Ergebnisse. Wenn die ersten Versuche zu schwer werden liegt das daran das natürlich auch beim Handlaminieren recht wenig Harz verwendet werden soll. Das ist eben Übungssache da die richtige Mischung zu treffen, dem Anfänger kann man auf jeden Fall empfehlen eher dünnere Gewebe zu nehmen, der Harzüberschuss ist am Anfang von ganz alleine da.
Jetzt könnte man natürlich sagen man kann doch einfach wenig Kohle nehmen, an der Grenze zum sinnvollen und die Dicke über das Epoxi machen? Wäre sicher denkbar, nur wie kriegt man das Epoxid denn überhaupt so dick wenn da nur eine Lage Gewebe ist? Ist sicher leichter bei mehreren Lagen oder bei dickem Gewebe wo das Epoxid einfach die Zwischenräume füllt. Eine Idee ist mir aber bei dem ganzen doch gekommen: meine Form ist ja eh nicht so doll, eine dicke Aussenschicht als Schleifreserve ist da ganz gut weil immer was korrigiert werden muss. Ich wird also parallel zum Ausbau des neuen Boote nochmal nen neuen Rumpf probieren: 2-3 Schichten Gelcoat, dann eine Lage 93 er Kohle mit kleiner Verstärkung im Kielbereich. Mal sehen wo so eine Schale landet.
Zum Laminatthema gibt’s natürlich noch mehr zu sagen, wer aufmerksam gelesen hat Weiß nun z.B. wo der Sinn von Sandwichbauteilen ist, auch zu Balsaholz gibt’s noch ein paar Interessante Aspekte. Auch die Konstruktion spielt eine Rolle, MaLi hat z.B. eine speziell auf die Beulsteifigkeit optimierte Bugsektion, aber dazu vielleicht später mehr...
Gerade neulich am Wasser präsentierte ein neuer RG Besitzer stolz sein Boot; wichtig war v.a.: ist aus Kohle!. Riss etc kamen erst an zweiter Stelle. So geht es vielen, Hauptsache CFK dann ist es High Tech und gut. Dabei ist das häufig Quatsch. Sinn macht Kohle nur wenn es auch seinen Eigenschaften entsprechend eingesetzt wird. Eine Frage im MaLi Thread diezu diesem text geführt hat war: würde nicht auch eine Lage 93er Kohle plus 2x25 Glas reichen? Macht doch sonst keinen Sinn weil man das gleiche Gewicht doch auch billiger mit Glas erreichen kann? Kurz gesagt ja so ist es, man kriegt das gleiche genauso gut mit Glas hin und es ist billiger!
Um das Ganze zu verstehen muss man einen kleinen Ausflug in die Welt der Laminate machen (Vorsicht: auch bei mir gefährliches Halbwissen, beruht zum Teil auf Erfahrung, zum größeren Teil ist es aber angelesen. Besonders die technischen Termini wie z.B. Festigkeit, Steifigkeit etc. benutze ich eindeutig nicht immer in ihrem genauen Sinn, meist benutze ich daher vereinfachend das einfachere wenn auch unexakte: Stabil).
1. Zug/Druckfestigkeit
Hier können wir ganz kurz verweilen. Ist eigentlich uninteressant. Laminate haben ihre Stärke immer in Faserrichtung. Hier sind wir bei RG65 sicher weit überdimensioniert. Ich wüsste von keiner RG die auf dem Wasser zerbrochen ist etc. Also aus reiner Festigkeit könnte man die Laminate sicher noch dünner machen, hier würde sicher auch die angesprochene 93er Kohle völlig ausreichen. Seine Vorteile kann Kohle v.a. dann ausspielen wenn eine hohe Zug/Druckfestigkeit gebraucht wird. Dann ist es auch sinnvoll einen hohen Anteil von Fasern zu haben und möglichst wenig Harz weil Harz kaum zur Stabilität beiträgt
2. Beulsteifigkeit
Das ist das eigentliche Problem. Beulsteifigkeit, der Rumpf wenn man ihn anfasst und etwas drückt. Leichte Rümpfe sind hier häufig „wabbelig“ lassen sich eindrücken und ploppen hin und her. In dieser Hinsicht sind die Rümpfe viel empfindliche als bei der Zug/Druckfestigkeit. Ist ja auch kein Wunder: s.o. es liegen ja praktische keine Fasern in Richtung der Kraft wenn der Druck von der Seite kommt.
Grenzwertige Rümpfe gibt es sicher die sich wabbelig anfühlen, auf dem Wasser aber ausreichend sind. Die Grenze ist aber überschritten wenn sich der Rumpf im Wasser verformt oder sogar hin und her ploppt. Dann ist ersten das Rumpfdesign hinfällig und zweitens wird’s auch gefährlich. Beim hin und her Ploppen entstehen nämlich Knicke und die mag das Laminat gar nicht.
Mehr Beulsteifigkeit gibt’s aber nur durch eine größere Schichtdicke. Dabei ist es für die Stabilität fast egal woraus das ganze besteht, Harz oder Fasern. Vom Gewicht her aber nicht, dazu muss man sich mal die Dichte der Materialien ansehen
Epoxydharz ca. 1.1 g/cm³
Aramid ca. 1,44 g/cm³
Kohle ca. 1,78 g/cm³
Glas ca. 2,55 g/cm³
Je geringer die Dichte umso dicker ist das ganze bei gleichem Gewicht. Im Sinne der Beulsteifigkeit wäre also ein hoher Harzanteil wieder gut, genau das was man z.B. beim Vacuumverfahren vermeiden will, hier wird ja möglichst viel Harz rausgezogen. Bei auf Zug belasteten Bauteilen macht so was auch Sinn, Beispiele bei uns wären z.B. Topausleger oder Schwert.
Genau das habe ich gerade praktisch erfahren und war auch der Grund das ich mal nachgeforscht habe: 2 Rümpfe aus 160er Gewebe habe ich im Vacuumverfahren gebaut. Beide sicher lässig fest genug aber ziemlich wabbelig. Das kenne ich so von den anderen Rümpfen die ich aus dem gleichen Gewebe „normal“ laminiert habe nicht, die waren Bocksteif. Also ganz klar, viel Harz abgesaugt und auch noch durch das Vacuum das Laminat richtig schön plattgedrückt ergibt ein sehr dünnes Bauteil. Passt also soweit zusammen.
Maßnahmen:
Was kann man also machen um das ganze wieder dicker zu kriegen? Wenn ich beim Vacuum bleiben will muss ich natürlich mehr Gewebe nehmen, das Harz wird ja nun mal wieder rausgesaugt. Egal ob bei Glas oder Kohle das Gewicht geht dann aber im Vergleich zu einem Laminat mit gleicher Schichtdicke, das Harzreich laminiert ist nach oben. Klar, es gibt auch Vorteile: das Gewebereiche Vacuumlaminat ist deutlich stabiler in Zug und Druckrichtung. Nur bei uns eben eigentlich gar nicht nötig. Schadet natürlich nicht aber ist eben teurer v.a. bei Anwendung von CFK.
Kleine Unterscheide im Endgewicht sind sicher da, letztlich erzielt man aber mit normalem Laminieren und Glasgewebe ähnlich gute Ergebnisse. Wenn die ersten Versuche zu schwer werden liegt das daran das natürlich auch beim Handlaminieren recht wenig Harz verwendet werden soll. Das ist eben Übungssache da die richtige Mischung zu treffen, dem Anfänger kann man auf jeden Fall empfehlen eher dünnere Gewebe zu nehmen, der Harzüberschuss ist am Anfang von ganz alleine da.
Jetzt könnte man natürlich sagen man kann doch einfach wenig Kohle nehmen, an der Grenze zum sinnvollen und die Dicke über das Epoxi machen? Wäre sicher denkbar, nur wie kriegt man das Epoxid denn überhaupt so dick wenn da nur eine Lage Gewebe ist? Ist sicher leichter bei mehreren Lagen oder bei dickem Gewebe wo das Epoxid einfach die Zwischenräume füllt. Eine Idee ist mir aber bei dem ganzen doch gekommen: meine Form ist ja eh nicht so doll, eine dicke Aussenschicht als Schleifreserve ist da ganz gut weil immer was korrigiert werden muss. Ich wird also parallel zum Ausbau des neuen Boote nochmal nen neuen Rumpf probieren: 2-3 Schichten Gelcoat, dann eine Lage 93 er Kohle mit kleiner Verstärkung im Kielbereich. Mal sehen wo so eine Schale landet.
Zum Laminatthema gibt’s natürlich noch mehr zu sagen, wer aufmerksam gelesen hat Weiß nun z.B. wo der Sinn von Sandwichbauteilen ist, auch zu Balsaholz gibt’s noch ein paar Interessante Aspekte. Auch die Konstruktion spielt eine Rolle, MaLi hat z.B. eine speziell auf die Beulsteifigkeit optimierte Bugsektion, aber dazu vielleicht später mehr...