Also machen wir mal richtige Beratung (Achtung langer Text

)
Vorweg für alle die mich nicht kennen: ich beschäftige mich jetzt seit vielen Jahren mit der RG65 und zeichne meine eigenen Designs. Zwischendurch hatte ich die Lust verloren und mich hier abgemeldet, meine alten Beiträge findet ihr unter dem Nickname Roland K.
Zum Designen gehört natürlich auch der Blick auf die Konkurrenz. Ich hab eigentlich alle aktuellen Boote mal selber in der Hand gehabt oder bin gegen sie gesegelt. Zu Booten die ich nicht kenne sage ich auch nichts. So kann ich z.B. selber nichts über die in Südamerika sehr erfolgreichen Stinger/Skinny etc sagen, da fehlt die Erfahrung, die Boote sind dort aber so erfolgreich das ich sie trotzdem kaufen würde.
Von der Historie war z.B. die MaLi lange Zeit der Konkurrenz weit voraus, so langsam haben die anderen dann aber nachgezogen ( und z. T. die Keyfeatures übernommen ...) so dass dann neue Entwicklungen nötig waren um weiter vorne mitzufahren. Das waren dann die Orion65 und aktuell die Nukite. Die Unterschiede sind allerdings gering, es geht hier um Topperformance, man kann auch mit einer MaLi noch problemlos gegen eine Nukite gewinnen.
Wichtigster Punkt beim Blick auf ein Boot: der Speed, das Handling die Eigenschaften. Die meisten gucken nur auf die Regattaergebnisse, wenn ein Boot gewonnen hat dann muss das ja gut sein....das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Beim RC Segeln spielt die Taktik und auch das Gefühl am Steuerknüppel eine große Rolle, v.a. bei RG65, eine IOM z.B. erfordert z.B. schon deutlich weniger Fähigkeiten am "Daumen". Ein gutes Skipper der sonst alles gewinnt wird auch mit einer DF65 in den Top 3 landen. Und ein Anfänger wird auch mit einer Nukite nicht die Regatta gewinnen.
Mal ein Überblick über die wichtigsten Eigenschaften und ein paar Tipps dazu:
Amwindkurs:
- Speed, klar je schneller ein Boot desto besser.
- Höhe zum Wind, manche Boote (hier sind die Swansailsdesigns m.E. besonders gut) laufen einfach ein bischen mehr Höhe als andere. Das muss man dann aber auch wissen und ausnutzen. Man ist nicht unbedingt schneller aber man segelt sich erstmal frei, hat Raum zu manövrieren und freien Wind. Dann kann man das Feld kontrollieren und ist als erster an der Tonne. Wenn man sich aber einfach ins Feld in die Mitte reinlegt kann man dieses Potenzial nicht ausschöpfen, ist auch nicht schneller als die anderen. Man muss also die Stärken eines Bootes kennen um das volle Potenzial auschöpfen zu können.
-"Anspringen": v.a. wichtig nach der Wende oder nach einem Fehler wenn das Boot im Wind steht. Manche Boote sind da einfach spritziger und nehmen schneller Fahrt auf (da sind alle Swansailsboote eher im Mittelfeld...

). Anspringen ist besonders wichtig für Anfänger, die machen nunmal noch mehr Fehler als andere und mit einem sprizigen Boot wiegen die Fehler dann evtl. nicht ganz so viel.
In bestimmten, z.B. sehr kabbeligen Bedingungen kann Anspringen auch sehr wichtig sein weil das Boot dann gar nicht sein Speedpotenzial erreicht sondern an sich ständig am beschleunigen und abremsen ist.
- Wenden: manche Boote sind schwieriger zu Wenden als andere, Swansails sind da auch nur im Mittelfeld .
- Windstärke: Man weiss nie wie das Wetter am Regattatag ist, das optimale Boot ist also allroundfähig. Die meisten Boote sind das nicht sondern haben entweder Stärken bei wenig oder viel Wind. Die DF65 z.B. klebt bei wenig und mittlerem Wind ziemlich im Wasser und wird erst bei richtig viel Wind konkurrenzfähig. Mali ist eher ein Starkwindboot, Orion gezielt für wenig Wind entwickelt und Die Nukite kann beides. Auch das sind nur Nuancen aber bei gleich gutem Skipper hat man bei wenig Wind mit einer MaLi keine Chance gegen eine Orion. Und wenns aufbrist kommt man mit der Orion schneller als Limit und fährt Stecker während die Mali locker an einem vorbei zieht.
Vorwind:
- recht einfach, da zählt zum einen der Speed, (da sind Swansails Top), auf Vorwindkurs fährt man an sich immer an einigen Booten vorbei. Das kann man auch gezielt nutzen indem man auf der Kreuz einfach mitfährt, ganz ruhig mit um die Tonne geht und dann vorbeigeht. Auf der nächsten Kreuz dann einfach Feld beobachten und als erster durchs Ziel gehen
Dann ist natürlich noch wichtiger wie leicht Stecker gefahren werden wenn der Wind auf Vorwindkurs zunimmt oder böig ist. Auch Da sind z.B. Swansails Top, die Boote sind vom Rockerverlauf auf dynamische Stabilisierung ausgelegt und viel länger stabil als andere Boote.
Das sind mal ein paar Beispiel zu Eigenschaften die man analysieren muss wenn man ein Boot WIRKLICH beurteilen will und nicht nur auf die Siegerliste guckt. ich hab auch versucht mal anzudeuten das es auch nicht die eine Wahrheit für alle Segler gibt. Je nachdem wo man seine persönlichen Stärken und Schwächen hat kann das eine Boot besser zu einem passen als das andere.
Bei den Swansails Booten sollte z.B. heraus gekommen sein das die eher für gute Segler geeignet sind die keine Fehler machen und das Speedpotenziel und die taktischen Möglichkeiten die einem das Boot gibt voll ausschöpfen können. Sie sind sicher nicht einfach zu Segeln. Da kommt dann ein Anfänger auch manchmal zu einer falschen Aussage und denkt das Boot kann nichts. Wenn man das weiss kann man aber auch als Anfänger so ein Boot kaufen und dann langsam hineinwachsen.
So und an sich gehört es sich nicht als Designer öffentlich über die anderen Boote herzuziehen, mit der Argon hab ich mich da schon ungewöhnlich weit aus dem Fenster gelegt. Darum hab ich den Text jetzt auch fast nur über meine Boote geschrieben um keinem auf den Zeh zu treten, nicht weil das die einzigen guten Boote sind
Um konkret zu werden:
- Ich würde versuchen ein aktuelles Design zu bekommen wenn ich Spass am Regattasegeln haben will. Das sind Manta 17, Orion, Nukite, Nuraghe, Wedge (Abstriche bei wenig Wind), Stinger, Skinny. Evtl. Uno (ist noch zu neu um wirklich beurteilt werden zu können, da ist man dann eben einer der ersten mit dem Risiko eines Flops). Mit Einschränkungen noch MaLi (schwächen bei wenig Wind), Viperfish (immer noch gut bei wenig Wind).
Andere Boote haben m.E. in der Summe aus Preis und Leistung keinen Platz mehr, bzw dürften dann nicht viel mehr kosten als eine DF65.
- Oder: DF 65 kaufen. Auch ohne Top Leistung kann man hier zu einem sehr kleinen Preis schon mal reinriechen, kriegt evtl. auch persönliche Kontakte und kann auf Regatten mal unterscheidliche Boote Testen um die eigenen Vorlieben rauszukriegen. Und vielleicht kriegt man ja auch Freude am Selbstbau und kann dann z.B. die Riggs der DF weiter verwenden.
So wer bis hierher gelesen hat hat sich ein Stück Kuchen verdient, für mich sind das alles nur "Anrisse" aber noch mehr ins Detail zu gehen wird dann wirklich zu lang

Gruß Roland.