Hallo zusammen,
interessant zu sehen wenn einer mal beginnt was für eine schöne Diskussion sich ergibt
.
Mit der höheren Drehfreudigkeit bei kurzer WL gehe ich mit, allerdings glaube ich nicht, dass es zu wirklichen Wendeduellen bei RG Regatten kommt. Auch mit dem im ersten Moment schneller nach vorne wandernde Auftriebsschwerpunkt beim Eintauchen des Bugs gehe ich konform mit. Der größere und für mich relevantere Teil der Volumenszunahme muss aber deutlich über der Wasserline passieren um bei mehr Wind den Bug oben zu halten.
Naja, die RG ist eine Konstruktionsklasse wo man an vielen Stellen ansetzten kann um eine Optimierung vorzunehmen um sich einen Vorteil bezüglich der Geschwindigkeit zu erhalten. Und dazu muss man sich aus meiner Sicht folgende Fragen stellen:
1. Für welche Bedingungen (Wind- und Wellenverhältnisse) möchte ich was optimieren ?
2. Wie schnell wird dabei so eine 65cm langes Segelschiff ?
3. Was sind bei der Geschwindigkeit die dominierenden Widerstandsarten ? Reibung (benetzte Fläche), Wellenwiderstand (Rumpfform, LWL) und Zusatzwiderstände durch Windwellen oder Stampfbewegung des Schiffes ?
4. Was sind die wesentlichen Parameter / Physikalischen Effekte (die kann man nicht überlisten
) die die jeweiligen Widerstandsarten beeinflussen.
Ich gehe gerne über die theoretische Seite, besorge mir erst einmal ein paar Zahlenwerte und spiele damit rum … So kann man einige Sachen durchgehen und bewerten ohne es in der Realität auszuprobieren zu müssen. Am Ende geht aber nichts daran vorbei es auf dem Wasser auszuprobieren.
Was ich auch von der Theoretischen Seite nicht machen würde ist es die größtmögliche LWL nicht voll auszunutzen. Dieses gilt sowohl für den Reibungs- als auch für den Wellenwiderstand. Beim letzteren ist ja nachweißlich bekannt das dieser bei langen schlanken Rümpfen geringer ausfällt, grade bei hohen Geschwindigkeiten bzw. Froudzahlen, solange die Rümpfe nicht in einen Gleitzustand übergehen.
Auch für die Reibung ist es besser eine lange WL zu haben. Zwar kann man durch eine kurze WL benetzte Fläche reduzieren in der Konstruktionsschwimmlage. Aber ist das so viel, das es nachher wenn die gesamte
Länge benetzt wird auch weniger ist, als hätte man gleich die 65cm voll ausgenutzt ? Ich denke nicht.
Hinzu kommt, das die benetzte Fläche des Rumpfes nur etwas mehr wie 50% der benetzten Gesamtfläche (ca. 1100 cm²) einer RG ausmacht. Um mal die gewonnenen 5 cm² aus Andys Beitrag #15 aufzugreifen ist das relativ wenig. Den etwa doppelten Betrag gewinnt man z.B. auch wenn man das Ruder um 3mm und das Schwert um 1,5mm in Profilsehenlängenrichtung kürzt.
Ferner spielt beim Reibungswiderstand bei gleicher benetzten Fläche und Anströmgeschwindigkeit auch die Länge eine Rolle. Stichwort dazu ist die Reynoldszahl. Es ist immer günstiger für den Widerstand wenn diese groß ist. Man stelle sich einfach mal eine rechteckige Platte vor die einmal von der kurzen und einmal von der Langen angeströmt wird.
Was ja auch schon festgestellt wurde ist, dass man um eine bestimmte Verdrängung zu erreichen bei reduzierter WL die Breite und oder der Tiefgang erhöht werden muss. Einfacher gesagt die Spantfläche im allgemeinen. Eine größere Spantfläche bedeutet aber auch das mehr Wasser verdrängt werden muss und dieses führt zu einer höheren Strömungsgeschwindigkeit an den Stellen mit mehr Spantfläche. Höhere Strömungsgeschwindigkeit heißt aber auch höhere Reibung …
Die Frage die offen bleibt ist, wie groß die Effekte jeweils sind und ob sich das auf dem Wasser neben allen weiteren Einflussgrößen diese sich dann deutlich zeigen.
Bei den 10R funktioniert das mit den Überhängen am Bug und Heck nur deshalb, weil es eine Konstruktionsklasse mit Rennwert ist wo die Konstrunktions LWL mit eingeht, man aber von der Gesamtlänge her nicht beschränkt ist. Die kurze Konstrunktions LWL ist gut für den Rennwert und ermöglicht eine größere Segelfläche. Durch die Benetzung der Überhänge bei Fahrt gewinnt man dann durch die größere benetzte Fläche.
Und noch ein Punkt auf meiner Liste: zwar ist ein NACA Profil sicherlich strömungsgünstig, aber sicherlich nicht unbedingt der Hit um Wasserlinien so zu gestallten. Das Problem ist halt, das der Rumpf sich an der Grenzfläche von Wasser und Luft bewegt und Wellen und somit eine zusätzliche Widerstandskomponente generiert.
Gruß,
Patrick