Hallo,
die Profilschablone wird ja schon behandelt, vielleicht sollten wir auch mal grundsätzlich über Segeldesign diskutieren...
Nur mal um anzufangen, hier mein Vorgehen:
- für ein widerstandsarmes Segelprofil braucht man eine elliptische Auftriebsverteilung entlang der Vertikalen, d.h. an den beiden Segelenden (Top und Fußliek) braucht man möglichst Null Auftrieb, es sei denn man hat eine Endplatte (Winglet). Damit verhindert man einen "Kurzschluss" zwischen Druck- (Luv) und Sog- (Lee) Seite des Segels, der viel Energie in eine Wirbelschleppe umsetzt. Der Rumpf kann die Funktion einer Endplatte übernehmen (wenn der Spalt zwischen Segel und Deck klein genug ist). Am Top macht man das über eine Kombination von Segelform, Profil und Twist. Am Fußliek kann man zusätzlich auch das Profil rausnehmen (Unterliekspannung) und es kürzer machen
- bei Leichtwind benötigt man den Druckpunkt eher oben, bei mehr Wind eher unten. Im ersten Fall will man möglichst weit weg von der Wasseroberfläche - da weht mehr Wind, im zweiten Fall soll die Kraft möglichst weit unten wirken (weniger Hebel, weniger Krängung)
- da sich Wirbelverluste im Top nie ganz vermeiden lassen, sind die obersten 15% eines klassischen Dreiecksegels nahezu wirkungslos (lt. Marchaj). Konsequenz - Fat Head Segel, die modernen Nachfahren der alten Kurzgaffel-Segel
- der Auftrieb eines Profils hängt von der Sehnenlänge ab. Schmalere Segel bieten mehr wirksame Fläche, breitere Segel erzeugen mehr Auftrieb pro Fläche- Aber es gilt auch, ein Segel mit größerer Streckung ist effektiver als eine gedrungeneres Segel (der rel. Anteil der Wirbelverluste an den Enden wird kleiner). Wo liegt das Optimum?
(ACHTUNG! die Flieger sagen zur Sehenlänge Profiltiefe und zur Profiltiefe Profildicke - nur um Missverständnisse zu vermeiden!)
- ein tiefes Profil erzeugt viel Power, ein flaches weniger viel. Ein Profil mit der größten Tiefe weiter vorn ist erheblich gutmütiger zu segeln, als eines mit einer größten Profiltiefe bei 50% oder noch etwas weiter hinten (sog. Laminarprofile). Unter bestimmten Voraussetzungen (gleichmäßiger Wind und Glattwasser) ist die zweite Variante schneller - bei den Großen. Wie ist das bei uns? Manche sind auch mit "Brettsegeln" immer ganz vorn mit dabei. Es gibt Aussagen, dass in unseren Re-Bereichen ein Segelprofil gar nichts bringt. (Mir ist allerdings die Quelle nicht bekannt.)
- ... da fehlt sicher noch einiges
Was ist beim Design also zu tun?
Festlegen der Flächenaufteilung (abhängig vom Rumpfdesign und den Anhängen) - peile ich meist über den Daumen. Bei schmalen Booten ist der Segeldruckpunkt rel. zum Lateralschwerpunkt weiter hinten als bei breiten Booten. Schmale Boote benötigen also entweder kleinere Vorsegel oder großen Mastfall.
Festlegen der Vorliekslängen abh. von gewählten Windbereich (A eher länger, A1 etwas kürzer, ... )
Festlegen der Unterliekslänge und der Kopfbreite- Ich bevorzuge bisher Kopfbreiten um die 50mm, bis ca. 70mm scheinen die Dinger auch ohne beweglichen Ausleger oben beherrschbar zu sein
Anpassen der Fläche über die Achterlieksrundung - Für leichten Wind der größte Wert eher oben, für mehr Wind weiter unten und eher gerade. Ev. müssen LIeklängen nachkorrigiert werden, wenn es anders nicht passt.
Profil - da wir nicht auf unseren Booten sitzen und der Trimm dadurch eh nie richtig stimmt, ist m.E. die genaue Profilform unkritisch. Das Gesamtprofil muss halt glatt sein und man muss den Trimm so hinbekommen, dass möglichst häufig möglichst große Teile des Segels halbwegs brauchbar ziehen. Insbesondere der vordere Teil des Großsegels ist dabei ziemlich egal, da im sog. Fockspalt eine reduzierte Strömungsgeschwindigkeit herrscht und dieser Teil des Großsegels kaum zum Vortrieb beiträgt (deshalb ist auch ein leichter Gegenbauch im Großsegel unkritisch, wie jeder Cupper beweist - zumindest bei den Großen).
Vorliekskurve - die muss zum Mast passen, sonst gibt es Falten. Insbesondere bei den unverstagten Masten führt eine nicht optimale Vorliekskurve gern zu Überbiegungsfalten - nicht durch zu hohe Achterstagspannung, sondern durch seitliches Wegbiegen des Masts. Das kriegt man auch nur schwer bis gar nicht weggetrimmt.
In diesem Parameterraum muss man optimieren, wobei die Vorlieben des Skippers mit eine Rolle spielen.
Systematisch probieren und Testen kann ich nicht, bei meinen Designs ist daher viel Bauchgefühl dabei. Btw, ich benutze für das Grunddesign Sailcut. ImMaßsstab 10:1 erledigt das die Flächenberechnung mit hinreichender Genauigkeit, Außerdem spuckt das Programm die Bahnenschnittmuster aus.