FreeShip: Entwürfe/Bewertung

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FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #1Beitragvon Juergen » 27.08.2014, 07:53


Hallo,

kann es sein, dass FreeShip für zwei konzeptionell ziemlich verschiedene Entwürfe (im Maßstab 10:1), die nur wenig gemeinsam haben, bei der Widerstandsberechnung KAPER (und auch sonst) Werte liefert, die sehr dicht beieinander liegen? Kann man diesen Ergebnissen trauen? - Wahrscheinlich zeigen sich die Unterschiede in den Eigenschaften erst beim Segeln, sprich auf dem Wasser.
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #2Beitragvon VeitHAM » 28.08.2014, 14:14


moin,

ich habe mir Deine beiden Entwürfe geladen, und die Kennwerte und den Widerstand (Kaper) für 5,0 und 6,2kn ( 6,2kn entspricht etwa der Rumpfgeschwindigkeit bei 6,5m Länge) zeigen lassen.
Ich finde das alles recht plausibel....
Aber erst, nachdem ich einen Fehler bei # -2 korrigiert habe. Das Boot soll 37mm Tiefe haben; im Fenster für Kaper werden aber 36,5mm als Berechnungsgrundlage gezeigt.
Bei "extract data from current hull" wird der Tiefgang nicht automatisch übernommen.

Nach meinem Dafürhalten wird zur Berechnung des Reibungswiderstandes vorrangig die benetzte Fläche Swett heragezogen. Der Wellenwiderstand wird durch den prismatischen Koeffizienten Cp und die Lage des Auftriebs-Schwerpunktes CoB stark beeinflußt.

Nun zu den Werten.
Das Volumen beider Boote ist "gleich" : 948 / 976 sie sind also vergleichbar!
Swett = 6.105 / 6.137 . Reibungswiderstand bei 5,0kn: 58,78 / 59,08; bei 6,2kn: 87,18 / 87,63
Alles OK! Die Werte spiegeln genau den geringen Volumen-Unterschied der Boote wider.

Lage des Verdr.-Schwpkt.: CoB: 3097 / 3027 oder: 2.3% / 3,2% Der optimale Wert sollte bei 3,3% bis 3,5% liegen. Wellenwiderstand bei 5,0kn: 21,68 / 19,55 >>>> 3,2% liegt näher am Optimum.
Wellenwiderstand bei 6,2kn: 85,46 / 90,72 oho, das liegt nicht im Trend!!

Müssen wir mal Cp betrachten. Die Theorie sagt, für geringen Wellenwiderstand bei hohen Geschwindigkeiten (nahe der Rumpfgeschwindigkeit) sollte auch Cp höher sein.
Boot 1: Cp = 5737 (ziemlich hoch) Wellenwiderstand bei 6,2kn: 85,46 (geringer)
Boot 2: Cp 0 5564 (relativ gering) Wellenwiderstand bei 6,2kn: 90.72 (höher) also wieder im Trend.

Dabei ist zu bedenken:
Alle Werte sind untereinander abhängig; dreht man an einem, verändern sich auch die anderen.
Wir betrachten das Boot in senkrechter Schwimmlage, die hat es im Wind nur selten.
Die Widerstands-Werte dürfen nicht als absolute Zahlenwerte genommen werden, sollten sich aber zum Vergleich ähnlicher Boote gut eignen. (Deshalb hab' ich auch Dimensionen und Dezimale oben weg gelassen). Bei unseren "mini-Booten" ist - aus physikalischen Gründen - der Wellenwiderstand gegenüber dem Reibungswiderstand fast zu vernachlässigen. Oben betrachten wir ja ein Boot mit 6,5Meter Länge.
Das würde aber wiederum bedeuten, daß uns zur Optimierung des Widerstandes nur Swett bleibt. Das ist doch irgendwie langweilig ?!

Gruß Veit
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #3Beitragvon Arne » 29.08.2014, 08:38


Moin Veit,

von deinen präzisen Ausführungen bin ich immer wieder begeistert!


Grüße aus Lübeck

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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #4Beitragvon Juergen » 29.08.2014, 08:39


Genau, ich wollte mich auch gerade dafür bedanken!
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #5Beitragvon VeitHAM » 29.08.2014, 12:21


moin,

Danke für die Blumen!!

Irgend jemand sagte mal, du hast etwas erst dann verstanden, wenn du es einem anderen
erklären kannst.

@ Arne:
Du willst mich doch jetzt nicht für Dein Herbstprojekt engagieren?

Gruß Veit
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #6Beitragvon Juergen » 01.09.2014, 06:48


Darf ich noch was fragen?

VeitHAM hat geschrieben:Lage des Verdr.-Schwpkt.: CoB: 3097 / 3027 oder: 2.3% / 3,2% Der optimale Wert sollte bei 3,3% bis 3,5% liegen.


Wie berechnet man die %-Werte für den CoB? Meine Vermutung: Lage des CoB hinter der Schiffsmitte (3250) in Bezug auf die Gesamtlänge/Länge der Wasserlinie. Passt das?

Danke.
Zuletzt geändert von Juergen am 01.09.2014, 20:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #7Beitragvon Juergen » 01.09.2014, 20:08


Hallo,

hab' den Wert in FreeShip gefunden. Man muss ja nicht mal selber rechnen. ;)

Ich habe den schlechteren Entwurf überarbeitet und wahrscheinlich nur "korrigiert". Jetzt sind die Ergebnisse wirklich ähnlich, obwohl die Entwürfe weiter recht unterschiedlich sind. Wie soll man sich da für "den richtigen" entscheiden. ;)
Ich finde es einfach erstaunlich, dass scheinbar verschiedene Wege (Konzepte) zum Ziel führen können.
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #8Beitragvon VeitHAM » 02.09.2014, 09:47


Moin,

zu Beitrag # 6:

Deine Vermutung ist so richtig.
Nur, wenn Du jetzt nachrechnest, wirst Du merken, daß freeship irgendwie etwas anders rechnet.
Wie / warum weiß ich auch nicht.
Übrigens:
In freeship sind zwei "Schiffsmitten" zu unterscheiden:
1. halbe Bootslänge in Verbindung mit CoB.
2. "midship or maximal station location" unter > project-settings > main dimensions; also das Maximum der Spantareal-Kurve in der Seitenansicht. Punkt läßt sich mit maus-Zeiger anfahren und Wert oben am Rand ablesen.
Damit Block- Cb, Prismatic- Cp, und midship-coefficient Cm richtig berechnet werden, sollte man den Wert korrekt einsetzen und nicht bei 0,5 L = default belassen.
Aus der Definition der Koeffiziten ergibt sich, daß Cp x Cm = Cb ist.

Ich hänge hier noch 2 pdf's an, die die Abhängigkeit des Wellenwiderstandes von der Lage des CoB und von Cp für große Boote zeigen. Wenn man sich da rein vertieft, stellt man fest, das der Einfluß von nicht optimalem CoB / Cp auf den Wellenwiderstand relativ gering ist.

Kennzahlen I.pdf
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Kennzahlen II.pdf
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Und nochwas:
Darf ich denn die Verfasser Deiner Vorlagen / Original-Entwürfe hier nennen? ;) ;)

Gruß Veit
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #9Beitragvon Juergen » 02.09.2014, 14:08


Hallo Veit,

ja, sicher. Die Entwürfe sind ja frei im Netz verfügbar.
Ich nehme Dir das aber auch gerne ab.

RG65_1 basiert auf der GOTH RG von Frank Russel
RG65_2 ist der SERENDIPITY von Arne nachempfunden, wobei hier die Abweichungen größer sind. Auf RG65.free.fr habe ich auch eine Art Plan mit Seitenansicht gefunden.
Zuletzt geändert von Juergen am 08.09.2014, 14:21, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: FreeShip: Entwürfe/Bewertung

Beitrag: #10Beitragvon VeitHAM » 02.09.2014, 17:09


Moin,

Ich hab' mir nochmal die Linien beider Boote – besonders das Heck – angesehen.

Mir ganz persönlich gefällt das nicht. Warum?

Exkurs:
Man sagt, sehr schnelle Boote, die häufig ins Gleiten kommen (Fn > 0,4) brauchen ein flaches, breites Heck; ich höre aber auch, die kleinen RG kommen – aus physikalischen Gründen – nicht ins Gleiten. Die RG Laerke hatte ein breites Heck; die soll nicht so gut gelaufen sein.
Sollten wir da unsere RG 65 nicht als reine Verdränger konzipieren? Bzw. für "Schwachwindsegler" ?

Also:
Bei beiden Booten endet die chine / Kante am Heck sehr dicht über der Wasserlinie. Das führt dazu, daß der Spiegel eine relativ rechteckige Form hat. Das macht nix, solang das Boot aufrecht vorm Wind läuft. Aber bei Krängung taucht die äußere, untere Ecke des Spiegels/Heck unter Wasser und erzeugt ein zusätzliches Volumen. Daraus resultieren zwei Effekte.
1. Die Mittellinie der Wasserlinien bildet nun einen Winkel mit der Mittellinie des Bootskörpers.
Siehe das pdf-Bild ( Um die Krängung zu simulieren, habe ich den Rumpf in freeship um 35° um die Längsachse gedreht.) Die Folge ist, das daß Boot geringfügig vom Wind abfällt.
Das heißt für den Bootsentwurf, den o.a. Winkel möglichst klein zu machen.
2. Bei Krängung drückt das zusätzliche Volumen im Heck den Bug unter Wasser, bzw hebt das Heck an. In den Werten der freeship-Datei ist das daran zu erkennen, daß – bei einfacher Drehung – der CoB in aller Regel nach hinten wandert. Da im Wasser aber der CoB immer senkrecht über dem Systemschwerpunkt (an dessen Lage sich ja nichts ändert) liegen muß, kippt das Boot zum Ausgleich auf den Bug.
Das macht nix, solange das Boot sauber mit konstantem Krängungswinkel seine Bahn zieht. - tut es das?
Wenn das Boot nun um die Längsachse pendelnd krängt, wird gleichzeitig eine Nickbewegung um die Querachse angeregt. Am Ende eiert dann die Mastspitze ganz schön in der Luft rum!!?
Das Entwurfs-Ziel lautet also, bei Krängung sollte der CoB seine Lage – in Längsrichtung!! - möglichst wenig verändern.

Ich habe an dem letzten Entwurf der Goth etwas rumgespielt; die chine am Heck etwas höher gezogen; die Ergebnisse weisen in die gewünschte Richtung.
Daß bei der Goth die Bordwand über der chine eingezogen ist, vermindert natürlich auch das "schädliche" Volumen.

Genug der theoretischen Überlegungen, bin neugierig ob Ihr mir zustimmen mögt.

Gruß Veit


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